Für viele meiner Freunde und Bekannten in Europa ist Vancouver die schönste Stadt der Welt, eine Traumstadt. Sie schwärmen von der fantastischen Lage zwischen Bergen und Ozean. Manche sind schon hier gewesen und wollen wieder kommen, andere haben vor, eines Tages nach Vancouver zu reisen.
Vancouver hat sich stark verändert, seit ich vor mehr als zwanzig Jahren von der Schweiz nach Kanada ausgewandert bin. Die Immobilienpreise sind explodiert, und Vancouver ist eine der teuersten Städte geworden. Firmen zögern hierherzuziehen, denn die Angestellten können sich nicht leisten, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Glücklicherweise sind manche guten Dinge aber immer noch kostenlos: Junge Städter spielen immer noch Volleyball auf den Sandstränden, wie vor dreißig Jahren. In English Bay spazieren Scharen von Leuten dem Ufer entlang, Paare und Familien sitzen auf Decken unter Bäumen, genießen Picknicks mit Sicht auf die Frachtschiffe, die draußen auf dem Ozean darauf warten, ihre Ladung im Hafen zu löschen.
Das historische Hotel Sylvia gibt es immer noch, auch die lachenden Bronzemänner der Skulptur A-maze-ing Laughter, die Treibholzstämme auf dem Sand, die Warnung auf dem Schild, dass Alkoholgetränke auf dem Strand verboten sind (ungewohnt für Europäer). Ich habe hier in der Nähe gelebt, bevor ich an die Sunshine Coast weiter oben an der Küste zog. Mein Community Centre (Gemeinschaftszentrum für das Viertel), wo ich einen Zeichenkurs belegte und auf der Eisbahn ziemlich ungelenk Schlittschuh lief, steht immer noch an der Denman Street. Die Türen der Walk-in-Clinic (medizinisches Zentrum) sind immer noch offen, aber Death by Chocolate, wo es die besten Schokoladendesserts gab, ist verschwunden. Der Wohnblock dagegen, wo ich nach meiner Ankunft in Vancouver eine Mietwohnung besichtigte, sieht ziemlich unverändert aus.
Ich erinnere mich auch an den Polar Bear Swim am Neujahrstag in English Bay, als sich Hunderte von Abgehärteten in den kalten Ozean stürzten, manche nur kurz, andere schwammen weiter hinaus. Alles war damals so ungewohnt und aufregend für mich, die neue Immigrantin aus der Schweiz. Wenn ich durch Vancouvers Straßen spaziere, tauchen so viele Erinnerungen auf.
Die Markthalle auf Granville Island bleibt für mich ein guter Ort, Früchte und frischen Fisch zu kaufen, exotische Speisen zu essen und Kunsthandwerk zu bewundern. Meine Bäckerei Terra Bread hat leider die Apfel-Focaccia nicht mehr im Angebot, die ich so liebe. Auch der Laden mit den wunderschönen indischen Stoffen und Kleidern ist verschwunden. Tröstlich ist es, dass ich immer noch am Wasser von False Creek sitzen und einen ausgezeichneten Kaffee trinken und Live-Musik hören kann. Ich klammere mich an das, was sich nicht verändert hat, weil es in mir warme Gefühle auslöst.
Und dann gibt es natürlich lieb gewordene Menschen, die ich in Vancouver kenne. Es ist immer so bereichernd, sie zu treffen und ich bin froh, dass sie nicht weggezogen sind, wie so viele Leute, die Gegenden mit tieferen Lebenskosten fanden. Meine Freunde spüren natürlich die Veränderungen in Vancouver, aber sie sind meine festen Felsen und lassen sich nicht vertreiben. Mit ihnen kann ich die guten alten Zeiten aufleben lassen, und ich fühle mich dankbar für meine Beziehung zu Vancouver und wie mich diese Stadt vor vielen Jahren mit offenen Armen aufgenommen hat. Sie tut es eigentlich immer noch, wenn ich einen Ausflug in die City mache.