Ich habe eben ein faszinierendes Buch gelesen: “Weil ich ein Inuk bin”, geschrieben vom Autorenehepaar Mechtild und Wolfgang Opel (2022 erschienen im Lukas Verlag) . Es handelt von dem Schuster Johann August Miertsching (1817 – 1875) aus dem heutigen Deutschland, der ein Missionar der religiösen Herrnhuter Brüdergemeine wurde und einige Jahre in Labrador tätig war, um die Inuit zum christlichen Glauben zu bekehren. Während seiner Zeit in Labrador lernte er die Sprache der Inuit und ging mit ihnen auf die Jagd. Im Gegensatz zu vielen Weißen respektierte er die Einheimischen und bewunderte ihre Überlebensfähigkeiten. Gegen seinen Willen musste Miertsching in seine Heimat zurückkehren. Dort wurde der 33-jährige Junggeselle von der britischen Admiralität als Dolmetscher für die Suche nach der verschollenen Franklin-Expedition angeheuert. Man wollte eine Person dabei haben, die sich mit den Inuit verständigen konnte. Auf einem britischen Schiff verbrachten Miertsching und die ganze Mannschaft vier brutale Winter in der Arktis. Das Schiff war im Eis eingeschlossen, die Leute auf dem Schiff hungerten, erkrankten und erfroren fast zum Schluss und einige wurden wahnsinnig. Miertsching hielt durch und kehrte erst 1854 zu seiner Familie zurück.
“Weil ich ein Inuk bin” ist ein dickes Buch, aber ich habe jede Zeile mit Spannung verschlungen, wie ich früher die Berichte von unglückseligen Expeditionen in die Arktis verschlang. Natürlich liegt mir Labrador nahe, auch geografisch, wenn ich im Norden Neufundlands bin. Manchmal frage ich mich jedoch, warum mich Eis, Kälte und die Gefahren in einer solch menschenfeindlichen Gegend derart packen. Ich kann nicht genug davon kriegen.
Im wirklichen Leben vertrage ich die Hitze viel weniger als die Kälte, aber die Tatsache, dass ich meine Winter im milden Klima der südwestlichen Ecke von British Columbia und nicht im sturmumtosten Norden Neufundlands verbringe, zeigt die Grenzen meiner Toleranz, was subarktische Temperaturen betrifft.
Es ist sicher kein Zufall, dass meine Krimis mit Detective Sergeant Calista Gates fast ausschließlich im Winter angesiedelt sind. Für mich sind eiskalte Temperaturen, gefrorene Buchten und Schneestürme nicht nur bedrohlich, sondern auch sehr krimi-geeignet. Was kann nicht alles passieren in solch extremen Wetterverhältnissen! Die Menschen sind zum Äußersten gefordert und setzen ihr Leben aufs Spiel, wenn sie sich diesen brutalen Elementen stellen. Die Kälte bildet auch einen starken Kontrast zur Holzofenwärme in den Häusern, ebenso zu der menschlichen Wärme und der Hilfsbereitschaft, die eine solche Umwelt erfordert. Natürlich geht es mir genau wie euch Leserinnen und Lesern: Wenn man so schön gemütlich in der warmen Stube sitzt oder im Bett liegt, ist es ein besonderer Genuss, über Abenteuer und Mörderjagden in Schnee, Wind und Eis zu lesen.